Psyche

Wie schon auf der Seite Ursachen beschrieben, kann die Psyche auf drei verschiedenen Wegen eine Rolle bei RSI spielen:

  1. Als "Begleitumstand": Nach Auftreten der Schmerzen entsteht Angst vor der Zukunft und ein Schmerzgedächtnis entwickelt sich.
    Hierzu lesen Sie bitte den allgemeinen Teil dieser Seite ab "Arbeitseinstellung".
  2. Als Auslöser: Unterbewusster, großer Stress (Tension Myositis Syndrome)
  3. Als Auslöser: Angst vor RSI
Alle Übungen / Maßnahmen auf dieser Seite sind nur Vorschläge. Für Ihre individuellen Beschwerden werden einige sinnvoller sein als andere. Drucken Sie sich diese Seite aus bzw. nehmen Sie das Buch mit zu einem Arzt oder Physiotherapeuten und besprechen Sie mit ihm die Maßnahmen. Ich kann selbstverständlich keine Verantwortung dafür übernehmen, dass alle beschriebenen Maßnahmen jedem Betroffenen helfen. Sie führen diese auf eigene Verantwortung durch.

TMS (Tension Myositis Syndrome)

Lesen Sie bitte als Einleitung zu diesem Thema den entsprechenden Abschnitt auf dieser Seite. Die Behandlungsstrategie weist Ähnlichkeiten zum Löschen des Schmerzgedächtnisses auf, so dass der folgende Abschnitt grundsätzlich für alle Personen mit über mehrere Monate anhaltenden Schmerzen interessant sein kann. Im Gegenzug sollten alle TMS-Betroffenen auch einen Blick auf die Informationen zum Schmerzgedächtnis werfen.

Innere Anspannung, verdrängte Probleme oder Lebensumstellungen können Auslöser Ihrer Schmerzen sein. TMS ist nicht immer die alleinige Ursache, es kann auch zusätzlich zu einer physischen Überlastung auftreten. Schmerzen können in jedem Körperteil auftreten, häufig jedoch dort, wo Sie Schmerzen erwarten. Mit dem Schmerz versucht das Gehirn Sie davon abzulenken, sich mit einer (manchmal sogar positiven) Lebensveränderung auseinanderzusetzen. Durch die Schmerzen entwickeln Sie Angst, das betroffene Körperteil zu belasten und somit evtl. weiter zu schädigen. Sie befinden sich in einem Teufelskreis zwischen Schonhaltung und vom Gehirn gesteuerten weiteren Schmerzen.

Um diesem Teufelskreis zu entkommen, hilft folgende Strategie:

  1. Beschäftigen Sie sich einen Tag intensiv mit dem Thema TMS und entsprechenden Erfolgsgeschichten. Sie werden automatisch eine Euphorie aufbauen, die Ihnen in der Anfangszeit sehr helfen wird. Ein schmerzfreies Leben ist möglich!
  2. Akzeptieren Sie Dr. Sarnos Theorie. Ja, es ist anfangs sehr schwer zu glauben, dass ein doch so realer Schmerz allein vom Gehirn gesteuert werden kann und keine physische Verletzung vorliegen muss. Sie müssen jedoch wirklich daran glauben - zu 100% überzeugt sein. Geben Sie der Theorie eine Woche Zeit, Sie haben nichts zu verlieren! Erst wenn Sie danach überhaupt keine Besserung spüren, lässt sich Ihr RSI wahrscheinlich nur auf eine physische Überlastung zurückführen.
  3. Dr. Sarno empfiehlt Patienten mit eindeutiger TMS-Diagnose alle Dehnübungen etc. einzustellen, da die Schmerzen ja nicht durch eine physische Überlastung verursacht sind, der man mit entsprechenden Übungen entgegenwirken kann. Alle Übungen würden nur unnötig den Fokus auf die vorhandenen Schmerzen lenken und wären kontraproduktiv. Falls Ihre Diagnose wirklich sehr klar ist (Sie waren keiner wiederholten Belastung über einen längeren Zeitraum ausgesetzt), dann sollten Sie in dieser Testphase wirklich alle weiteren Maßnahmen einstellen. Sind Sie sich jedoch nicht sicher, ob das Tension Myositis Syndrome die alleinige Ursache ist, dann empfehle ich, zumindest ein paar lockernde Dehnübungen zu machen. Damit treten Sie vorsorglich folgendem Gedanken gegenüber, der Sie zwangsläufig während der Woche beschäftigen wird: "Vergeude ich nicht gerade nur meine Zeit und sollte ich nicht besser die konventionellen Übungen machen?" So erstellen Sie sich eine Win-Win-Situation. Sind die Schmerzen (zumindest teilweise) psychisch verursacht, dann sind Sie nach dieser Woche der Heilung bereits sehr nahe (der erste Schritt ist der schwierigste). Spüren Sie keine Besserung, haben Sie zumindest keine Zeit verloren.
  4. Erstellen Sie eine Liste von Dingen, die sich auf Ihre Gefühle auswirken (auch vermeintlich rein positive). Mögliche Bereiche sind:
    • Negative Kindheitserfahrungen (sehr strikte Regeln, Misshandlung, Probleme der Eltern [Alkohol, Drogen, Depression], Trennung der Eltern ...)
    • Persönlichkeitsmerkmale (Sie wollen es jedem recht machen, Perfektionismus, geringes Selbstwertgefühl ...)
    • Aktuelle, persönliche Herausforderungen / Probleme (schwere Krankheit oder Tod eines Familienmitglieds oder Freundes, Scheidung, Schulden, Probleme mit Arbeitskollegen oder Freunden, neuer Chef, neue Arbeitsstelle, Partner beginnt oder beendet eine Arbeit, gerichtliche Auseinandersetzung, Schamgefühle, Schuldgefühle, Urlaub, Umzug, Heirat, Schwangerschaft, Geburt eines Kindes ...)
    • Kleinigkeiten, die Sie schon immer gestört, aber nie angesprochen haben (Einstellung zu bestimmten Themen oder Verhalten in gewissen Situationen vom Partner oder von Freunden)
    • Eigenes Alter und Gedanken über den unausweichlichen Tod
  5. Wählen Sie jeden Tag ein anderes Thema und schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt. Schreiben Sie über Ihre Gefühle und überlegen Sie sich verschiedene Strategien, um den Problemen zu begegnen. Diese Arbeit benötigt regelmäßig ein wenig Zeit und Anstrengung, sie ist aber die derzeit effektivste bekannte Methode zur Behandlung von TMS.
    Laut Dr. Sarno benötigen ungefähr 20% aller Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse psychotherapeutische Hilfe. Nehmen Sie im Zweifel lieber diese professionelle Hilfe in Anspruch.
  6. Lesen Sie regelmäßig in Ihren Aufzeichnungen und arbeiten Sie konstant an der Umsetzung Ihrer Strategien. Arbeiten Sie an sich selber und besprechen Sie unangenehme Themen mit Familie und Freunden.
    Etwas, was Sie oder andere nicht verändern können, müssen Sie versuchen zu akzeptieren. Sie werden nicht jedes kleine Ärgernis ausräumen können. Es reicht, wenn Sie es klar benennen und zu Ihren Gefühlen stehen. Beispiel: Sie sind der Meinung, dass sich ein Familienmitglied in der Öffentlichkeit peinlich benimmt. Gespräche konnten keine Verbesserung herbeiführen. Dass Sie sich für eine fremde Person schämen, ist nichts Schlimmes. Belastend wird es jedoch, wenn es Ihnen sehr unangenehm und peinlich ist, sich zu schämen. Das ist vollkommen natürlich, stehen Sie zu Ihren Gefühlen und versuchen Sie nicht, sie zu unterdrücken.
  7. Ihre Muskulatur ist nicht überlastet und das Gewebe auch nicht geschädigt! Beginnen Sie langsam wieder mit alltäglichen Belastungen und versuchen Sie, Ihre Hände normal einzusetzen und keine Schonhaltung einzunehmen oder unnormale Bewegungen auszuführen. Wenden Sie hierzu auch die Taktiken zum Löschen des Schmerzgedächtnisses an. Wenn sich erste Erfolge einstellen, beginnen Sie wieder mit leichten PC-Arbeiten und steigern Sie die Zeit kontinuierlich.

Weiterführende Informationen finden Sie in dem Buch "The Mindbody Prescription" des Tension Myositis Syndrome-"Entdeckers" Dr. Sarno sowie auf zahlreichen weiteren Internetseiten.

Angst vor RSI

  1. Sie arbeiten täglich weniger als 2 Stunden am PC (bzw. sind keiner vergleichbaren einseitigen Belastung ausgesetzt).
    Ihr Risiko ist sehr begrenzt. Befolgen Sie die Hinweise der Zusammenfassung, arbeiten Sie sonst aber wie gewohnt weiter. Sie können sich zusätzlich in der Rubrik Behandlungspläne den Abschnitt "Prävention" anschauen.
  2. Sie arbeiten täglich länger als 2 Stunden am PC (oder sind einer vergleichbaren einseitigen Belastung ausgesetzt).
    Auch wenn Sie zur Risikogruppe gehören, brauchen Sie wirklich keine Angst zu entwickeln! Solange Sie sich die Tipps dieser Seite zu Herzen nehmen (Arbeitsplatz, Pausen, Dehnübungen...), wird Ihr Überlastungsrisiko drastisch minimiert. Eine Übersicht mit allen Hinweisen finden Sie im Abschnitt Prävention in der Rubrik Behandlungspläne.
    Achten Sie besonders in stressigen Arbeitsphasen auf die Einhaltung von regelmäßigen, kurzen Pausen und schütteln Sie Ihre Arme aus. Immer dann, wenn Sie denken, dass Sie gerade überhaupt keine Zeit für irgendwelche "überflüssigen" Pausen haben und doch "nur mal eben schnell" diese eine Aufgabe abschließen möchten, ist es Zeit für eine kurze Unterbrechung! Das Programm Mausarm erinnert Sie in regelmäßigen Abständen daran. Millionen von Menschen arbeiten in extrem unergonomischen Positionen und bekommen keine Schmerzen. Sie befolgen die wichtigsten Ratschläge und sind somit perfekt geschützt.

Arbeitseinstellung

Besonders Menschen, die sehr fleißig sind, freiwillige Mehrarbeit leisten und dafür auf Pausen verzichten, sind anfällig für das Repetitive Strain Injury Syndrom. Falls Sie zu dieser Gruppe gehören, werden Sie anfangs wahrscheinlich unter Schmerzen weiterarbeiten wollen, um trotzdem noch das gewohnte Arbeitspensum zu schaffen.

Genau hier müssten Sie ansetzen, denn je eher Sie die Schmerzen adressieren, desto schneller werden Sie wieder normal arbeiten können. Besprechen Sie die Problematik mit Ihrem Partner, Ihrem Chef und Ihren Kollegen. Sie alle müssen wissen, dass Sie vorübergehend nur etwas langsamer arbeiten können und zwischendurch kleine Pausen einlegen müssen. Sie sollten so transparent wie möglich sein, um sich keinen zusätzlichen Druck von außen aufzubauen ("Was macht der da für komische Übungen?" "Ist das eine Behindertenmaus?" "Krank von PC-Arbeit? Der will doch nur weniger arbeiten!").

Auch an Ihrer inneren Einstellung müssen Sie arbeiten:

  1. Akzeptieren Sie Ihre Krankheit! Was haben Sie davon, wenn Sie noch zwei Monate ohne Veränderungen weiterarbeiten können, danach aber für den Rest Ihres Lebens Schmerzen in den Armen haben und Ihren alten Beruf in keinem Fall weiter ausüben können?
  2. Ziehen Sie daraus die richtigen Schlüsse und ändern Sie Ihr Verhalten. Das ist auch im Interesse Ihres Arbeitgebers. Er wird nicht ein pünktlich abgeschlossenes Projekt mit dem anschließenden Verlust Ihrer Arbeitskraft bezahlen wollen.
  3. Sie können im Moment nicht jeden zu 100% zufriedenstellen; das ist so und lässt sich auch nicht ändern! Seien Sie nicht frustriert, Sie haben Ihr Bestes gegeben. Es sind alles nur Kleinigkeiten im Vergleich zu den Verletzungen, die Sie Ihrem Körper womöglich zufügen würden.

Arbeitsorganisation

Mit einer gut durchdachten Organisation können Sie effizienter arbeiten, d.h. eine geringere Arbeitsbelastung muss nicht unbedingt bedeuten, dass Sie auch deutlich weniger schaffen. Die ersten Schmerzen treten oft in sehr stressigen Phasen auf, z.B. wenn ein Projekt unbedingt bis Monatsende abgeschlossen sein muss, sich dies aber nur durch viele Überstunden in der letzten Woche bewerkstelligen lässt. Sinnvoll wären vorab ein realistischer Zeitplan und eine Prioritätenliste gewesen.
Das Pareto-Prinzip besagt, dass 80% des Ergebnisses in nur 20% der Zeit erreicht wird. Die restlichen 80% der Zeit werden für nur 20% des Ergebnisses verbraucht. Für Perfektionisten (100%-Ergebnis) ist es egal, ob sie erst mit den unwichtigen Punkten anfangen und dann zum Schluss den wichtigsten Teil bearbeiten. Allerdings ist diese Vorgehensweise sehr unwirtschaftlich, ließe sich doch auch mit deutlich weniger Zeit ein gutes Ergebnis (z.B. 95%) erzielen. Für die Praxis bedeutet dies, dass Sie sich zu Beginn jedes Projektes eine nach Wichtigkeit sortierte Auflistung aller Teilziele erstellen sollten. Nach etwa 20% der veranschlagten Gesamtzeit sind dann bereits die unverzichtbaren Aufgaben erledigt und Sie können sich nun mit dem Rest Ihrer verfügbaren Zeit den unwichtigeren Teilaufgaben widmen. Falls sich der ursprüngliche Zeitplan dann wenige Tage vor Abgabe des Projektes als zu knapp kalkuliert herausstellt, haben Sie zwei Möglichkeiten:

  1. Nächtliche Überstunden für ein 100%-Ergebnis machen (das will der Perfektionist so - Personen ohne Prioritätenliste müssen Überstunden machen, da sie eine wichtige Teilaufgabe noch gar nicht begonnen haben)
  2. Mit Prioritätenliste und normalen Arbeitszeiten ohne Stress ein 95%-Ergebnis erzielen

Beispiel an einer kleinen Aufgabe (Erstellung einer Präsentation):

Priorität Beschreibung Geplante Zeit Zeit in %
Elementar Inhalt der Präsentation erarbeiten 2,0  
Elementar Folien erstellen 0,5 22
Sehr wichtig Folienübergänge definieren 0,5  
Sehr wichtig Diagramme erstellen 1,0  
Sehr wichtig Vortrag einüben 2,0 30
Wichtig Texte inhaltlich überarbeiten 1,0  
Wichtig Rechtschreibung kontrollieren 0,5  
Wichtig Layout der Texte verfeinern 1,0 22
Kann Animationen erstellen 1,0  
Kann Handout erstellen 1,0  
Kann Begrüßungs- und Schlussfolie erstellen 0,5  
Kann Digitale Folien ausdrucken, falls Beamer defekt 0,5 26
    11,5 100

An diesem Beispiel können Sie erkennen, dass Sie mit der Hälfte der geplanten Zeit (Prioritäten elementar und sehr wichtig) bereits ein gutes Ergebnis erarbeitet haben. Eine Präsentation wäre schon jetzt möglich. Die restliche Zeit verwenden Sie auf Verbesserungen, die zwar wünschenswert sind, aber in zeitlich zu knapp bemessenen Arbeitsphasen auch weggelassen werden könnten.

Hätten Sie sich keine Liste mit Prioritäten überlegt und womöglich nach dem Entwurf einiger Folien erst um das Layout, Animationen, Begrüßungs- und Schlussfolie etc. gekümmert, wäre gegen Ende wahrscheinlich Stress aufgetreten. Jeder unvorhergesehene "Notfall" zwischendurch hätte zusätzlich das rechtzeitige Beenden der Präsentation gefährdet.

Folgende weitere Punkte können eine deutliche Arbeitsentlastung bringen:

  1. Aufgaben delegieren
  2. "Nein"-sagen üben (nicht alle Aufgaben übernehmen)
  3. Unangenehme Aufgaben nicht aufschieben
  4. Leistungstiefs (meist nach der Mittagspause) mit Routineaufgaben wie dem Beantworten von E-Mails überbrücken
  5. Nur 60% der Arbeitszeit für feste Aufgaben verplanen
  6. Konkrete und realistische Ziele setzen
    Beispiel:
    Was: Arbeitsbelastung verringern
    Womit: 10-Sekunden Kurzpausen einlegen
    Ausmaß: Alle 10 Minuten
    Zeitraum: 4 Wochen
    "Um meine Arbeitsbelastung zu reduzieren, werde ich alle 10 Minuten eine 10-Sekunden Kurzpause einlegen. Nach vier Wochen überprüfe ich, ob ich mit dieser Maßnahme mein Ziel erreicht habe."

Werde ich wieder gesund?

RSI ist ein Teufelskreis: Je größer die Schmerzen werden, desto weniger möchte man die Hände belasten. Im Extremfall werden sie durch Eingipsen komplett ruhig gestellt. Gehen die Beschwerden dann nach Wochen, Monaten oder Jahren endlich weg, haben sich die Muskeln so degeneriert, dass man selbst einfachste Tätigkeiten nicht mehr richtig ausführen kann. Auch tägliche Arbeit am PC ist nicht mehr möglich. Der Betroffene (zumindest in meinem Fall war es so) stellt sich dann natürlich die Frage, ob er jemals wieder normal die Hände einsetzen können wird. Obwohl man anscheinend alles getan hat, werfen einen selbst leichte Tätigkeiten wieder weit zurück. An diesem Punkt angelangt, ist es ganz wichtig, sich nicht aufzugeben. Sie können wieder gesund werden! Selbstverständlich sind Ihre Arme in der Anfangszeit bei weitem nicht so belastbar wie Sie es gewohnt waren, aber die Muskulatur kann mit leichten Kräftigungsübungen wieder aufgebaut werden.

Der Weg zur Heilung ist wie eine Achterbahnfahrt. Es wird Tage geben, an denen Ihnen Ihre Hände überhaupt keine Schmerzen bereiten und andere, an denen sie sich so schlecht wie am Anfang anfühlen. In der ersten Zeit haben Sie in der Woche nur ein paar schmerzfreie Stunden, aber mit der Zeit werden daraus Tage. Nach ein paar Wochen werden Sie mehr gute als schlechte Phasen haben und am Ende beschwerdefrei sein.

Zusätzlich zu dieser Entwicklung war es bei mir so, dass die Intensität der Schmerzen anfangs gleich blieb, was sehr frustrierend war. Erst mit der Zeit, als die guten Phasen überwogen, ist auch langsam die Schmerzstärke geringer geworden.

Psychische Folgen von langfristigem RSI

Je länger Sie Probleme mit dem Repetitive Strain Injury haben, desto mehr spielt leider zwangsläufig auch die Psyche eine Rolle. Sie werden wahrscheinlich nicht mehr Ihren gewohnten Freizeitaktivitäten nachgehen können (Volleyball, Tennis, Hockey, Windsurfen, Geige, Klavier ...) und treffen sich deshalb auch weniger mit Freunden. Wenn Sie alleine zu Hause sitzen, dann denken Sie sehr häufig an alle negativen Folgen von RSI. "Wie schön wäre es doch, wenn ich jetzt ... machen könnte." Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man mit der Zeit schnell die Lust verliert, überhaupt irgendetwas zu unternehmen. "Vielleicht schadet es ja meinen Armen. Ich mache lieber gar nichts, dann mache ich auch nichts verkehrt ..."

Besonders in vorübergehend schlechten Phasen denken Sie bitte an folgende Punkte:

  1. Akzeptieren Sie Ihre Krankheit. Nehmen Sie sie nicht als "Ausrede" dafür, dass Sie zu Hause sitzen müssen und überhaupt nichts mehr machen können, was Ihnen Spaß macht. Machen Sie alle Ihre gewohnten Aktivitäten weiter, die Sie ohne große Armbelastung durchführen können (Kino, Theater, Schwimmen, Joggen ...).
  2. Sehen Sie Ihre Situation als Chance für etwas Neues. Sie haben bestimmt schon einmal etwas anfangen wollen, was Sie dann aus Zeitgründen doch wieder verworfen haben. Oder Sie bauen eine vorhandene Begabung aus. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür (Joggen, Schwimmen, Singen, Bücher und (Fach)zeitschriften lesen, eine Fremdsprache lernen ...).
  3. Sie werden wieder gesund! Lesen Sie Erfahrungsberichte von ehemaligen RSI-Betroffenen. Besonders in den sehr schlechten Phasen wird es Ihnen helfen, das eigene Stimmungsloch zu überbrücken.
  4. Sind Sie, Ihre Familie oder Freunde der Meinung, dass Sie die negativen Gedanken nicht alleine bewältigen können, dann scheuen Sie nicht den Gang zu einem Experten. Der Besuch eines Psychologen ist überhaupt keine Schande! Viele Menschen trauen sich nicht professionelle Hilfe anzunehmen, da sie Angst haben, als verrückt oder geistig verwirrt zu gelten. Das stimmt aber absolut nicht, die meisten Patienten sind ganz normale Menschen wie Sie und ich. Fast jeder von uns wird mindestens einmal in seinem Leben eine sehr schwierige Phase durchmachen und viele werden auch einen Psychologen aufsuchen (es wird normalerweise nur nicht drüber gesprochen). Sie können davon nur profitieren!

Schmerzgedächtnis

Wenn sich Ihre Muskeln und Sehnen wieder komplett regeneriert haben und Sie normale Haushaltstätigkeiten schon ohne Probleme ausführen können, kann es sein, dass die Schmerzen bei PC-Arbeit sofort wieder auftreten. Dieses Phänomen wird als Schmerzgedächtnis bezeichnet. Durch die lange Schmerzenszeit (ab ca. 3 Monaten) verbindet Ihr Gehirn die Arbeit am Computer automatisch mit Schmerzen, auch wenn physisch alle Verletzungen ausgeheilt sind. Um Ihr Gehirn möglichst schnell wieder "umzuprogrammieren", gibt es ein paar Tipps:

  • Arbeiten Sie jeden Tag für ein paar Minuten (bis kurz vor den Zeitpunkt, in dem der Schmerz oder das unangenehme Gefühl eintritt) am Computer. Ganz wichtig ist dabei, dass Sie die Schmerzschwelle nicht überschreiten und konsequent aufhören. Jeden Tag legen Sie ein paar Minuten drauf und Sie werden sehen, dass Sie nach zwei Wochen bereits länger vor dem PC sitzen können, als noch am ersten Tag. Befindet sich die Achterbahn gerade in einem Tief und Sie haben dauerhaft Ruheschmerzen, dann machen Sie an diesem Tag absolut nichts am PC. Sie können die schmerzfreien Phasen verlängern, indem Sie kurz vor der PC-Arbeit den Blutfluss in Ihren Armen steigern.
  • Verbinden Sie die Computertätigkeit mit etwas Angenehmem, zum Beispiel dem Hören Ihrer Lieblings-CD.
  • Geben Sie Ihren Händen einen großen sensorischen Input, d.h. ertasten Sie regelmäßig kleine Objekte mit Ihren Fingern (ohne dabei den Gegenstand anzuschauen).
  • Ziehen Sie sich zwischendurch dünne Handschuhe an. Damit ist das Gefühl beim Tippen auf der Tastatur ein komplett anderes und hilft dem Gehirn, das Schmerzgedächtnis zu löschen. Auch können Sie sich vorübergehend Klebestreifen auf die Fingerkuppen kleben.
  • Schreiben Sie zwischendurch auf verschiedenen Oberflächen, z.B. auf einem Holz- oder Glastisch, auf Ihren Oberschenkeln, auf einem Stück Papier... Es ist wichtig, dass Sie richtige Sätze auf Ihrer "virtuellen Tastatur" tippen und die Finger so bewegen, wie Sie es auch auf einer normalen Tastatur machen würden.
  • Denken Sie an Freunde/Kollegen, die noch nie RSI-Schmerzen hatten. Oder an Besucher von Netzwerkpartys, die sich drei Tage am Stück mit PC-Spielen "belasten". Ohne Pausen. Ohne Dehnübungen. In unergonomischer Haltung. Der menschliche Körper ist extrem widerstandsfähig, auch Sie werden wieder normal am PC arbeiten können!
  • Betrachten Sie Ihre Schmerzen als Objekt, mit dem Sie reden können. Wenn Schmerzen auftauchen, sprechen Sie mit ihnen (innerlich oder auch laut). Sagen Sie, dass Sie verstanden haben, dass Ihnen Ihr Gehirn nur einen Streich spielt. Sie wissen, dass die Schmerzen keine Daseinsberechtigung mehr besitzen und deshalb verschwinden sollen.
    Was sich für einige vielleicht lächerlich anhört, funktioniert in vielen Fällen wirklich! Probieren Sie es aus, Sie haben nichts zu verlieren! Ich verspreche Ihnen ein unglaubliches Gefühl, wenn Sie diese Erfahrung das erste Mal machen.
Der Inhalt dieser Webseite ist auch als Buch erhältlich: RSI-Syndrom, Mausarm, Tennisarm | Kostenlose Rezensionsexemplare verfügbar